Zwei wie Sterne funkelnde Geraden treffen sich im Bodmerhof

Sculpture Sociale – Illumination

Mit Hilfe von etwa dreissig freiwilligen Helfern wird Muma im Innenhof des Bodmerhofs mit über 3000 Kerzen zwei Geraden ziehen, die im rechten Winkel aufeinander treffen. Er stellt damit einen Bezug zu den Zürcher Konkreten her und geht auf die rechteckigen Strukturen des 1894 erbauten Bodmerhofs ein.

Nach Mumas gross angelegten Illuminationen u.a. in den Städten Girona, Barcelona, Lausanne, Neuchâtel, Prangins, findet dieses einzigartige Manifest zum ersten Mal in Zürich statt.

In den 70er Jahren entwickelt von Joseph Beuys beeinflusst von den Texten von Rudolf Steiner die “Soziale Skulptur” (vgl. 1982 Documenta 7 “7000 Eichen).

Eine “Soziale Skulptur” ist ein partizipatives Kunstwerk, bei dem das Hauptmaterial das sozial Verbindende ausmacht. Die freiwilligen Kerzenanzünder sind mit ihrer Energie Teil des Werkes. Die Kerzen sind somit nur der sichtbare Teil von etwas Vielschichtigem, welches an der atavistischen Erinnerung, dem Feuer, arbeitet, mit der kollektiven Imagination und dem Gedächtnis, in dem der Eindruck einer sehr kurzlebigen Handlung bleibt. Zürich erlebte im 19. Jahrhundert u.a. dank der blühenden Seidenindustrie und dem Seidenhandel (daher im Enge Quartier der Name“Venedigli” und bis 1971 die Venedigstrasse) grossen wirtschaftlichen Aufschwung. Während der Jahre um 1880 wurde dem See durch Aufschüttungen wertvolles Bauland abgerungen und für das Gelände zwischen Bleicherweg und See eine Quartiererschliessung durch einen rechtwinkligen Strassenraster projektiert und mit gross angelegten Blockrandbauten mit Innenhöfen überbaut. Die architektonische Gestalt des Bodmerhofs wie auch der Nachbarhöfe ist typisch für die Zeit vor der Jahrhundertwende und entspricht mit ihrer reichgegliederten Fassade dem Geschmack des ausgehenden 19.Jahrhunderts.

Der 1894 fertig gestellte Bodmerhof wurde in einer rechteckigen Struktur mit freiem Innenhof entworfen: das Erdgeschoss für Gewerberäume und die Stockwerke für Familienwohnungen. Wie Muma festgestellt hat, sind diese Strukturen mit den Eixample de Cerdà (1859) in Barcelona vergleichbar.

Für den Entwurf seines Projektes hat Muma sich für seine Intervention in Zürich von verschiedenen Quellen inspirieren lassen. Einerseits die rechteckige Aufteilung des Bodmerhofs und seines Innenhofs, wie oben erwähnt, andrerseits aufgrund seiner Überlegungen zu den Zürcher Konkreten, zu denen er einen Bezug herstellen will. Das Resultat sind zwei Geraden, eine breite und eine schmale, die sich im rechten Winkel treffen.

Für Muma ist die gerade Linie eine Form einer unverkennbaren Poesie, weil sie in sich selbst die Möglichkeit
der Unendlichkeit trägt und gleichzeitig schlicht, elegant und elementar ist.

Ausserdem, am Ort des Zusammentreffens dieser beiden von tausenden von Kerzen wie Sterne funkelnden Geraden steht ein monumentaler Kastanienbaum, dessen natürliche Formen mit der Einfachheit der reinen Linien eine Spannung erzeugt. Dieser Baum ist gleichzeitig Kontrast und Partner, Schmuck und Schutz.

In der Galerie findet eine Ausstelllung mit Fotografien weiterer Illuminationen, Arbeiten auf Papier und von MUMA illustrierten Büchern statt.

ANNAMARIE M. ANDERSEN GALERIE • BODMERSTRASSE 8 • CH – 8002 ZÜRICH